Aus den Augen aus dem Sinn
- Das Lagerprinzip der Nagra lautet «vergraben und vergessen».
- Das Lagerkonzept ist technisch unausgereift und zu wenig untersucht.
- Die Finanzierung der Endlagerung ist noch immer ungesichert.
Vergraben und vergessen: Ein Lager für hochradioaktive Abfälle muss 1 Million Jahre dicht sein. Mehrere Schutzbarrieren sollen den giftigen Abfall vor der Biosphäre fernhalten. Die hoch radioaktiven Abfälle sollen in Metallbehälter verpackt, in einen Stollen geschoben und mit Bentonit (Katzenstreu) verfüllt werden. Als weitere Barriere dient das Wirtsgestein Opalinuston. Da die Behälter mit der Zeit korrodieren und sich auflösen, müssen die äusseren «Zwiebelschalen» den Austritt radioaktiver Elemente so lange aufhalten, bis die Strahlung nicht mehr gefährlich ist. Funktioniert eine Schutzbarriere jedoch nicht wie berechnet, wird die Radioaktivität schneller freigesetzt. Aus diesem Grund ist es unverantwortlich das Lager nach einer Betriebsphase vollständig zu schliessen und ohne Überwachung sich selbst zu überlassen. Kommende Generationen müssen geschützt werden und haben ein Recht auf Selbstbestimmung, deshalb muss der Atommüll langfristig kontrollier- und rückholbar gelagert werden.
Technisch unausgereift und zu wenig untersucht: Der Bundesrat hat das Tiefenlager-Konzept gutgeheissen, obwohl viele Fragen offen sind. Zum Beispiel entwickeln die verpackten radioaktiven Abfälle Gase, die zusammen mit dem aggressiven Meerwasser im Opalinuston und in Kontakt mit Stahl explodieren können. Zudem sondert Atommüll noch Jahre nach dem Einsatz Wärme ab. Die Auswirkungen von Hitze und Gas auf die technischen und geologischen Barrieren sind zu wenig erforscht und stellen dadurch gefährliche Risiken dar.
Das Zwiebelschalenprinzip der Nagra

Ewige Sicherheit? Die unüberblickbaren Zeiträume, für welche der Müll gelagert werden muss, werfen zusätzliche Fragen auf: Wer weiss heute, wie die Schweiz in einer Million Jahren aussieht? Die letzten Gletscher haben vor 15'000 Jahren das Mittelland geformt und tiefe Täler ausgehoben. Mit weiteren Eiszeiten ist in diesen Zeiträumen zu rechnen. Die fortschreitende Alpenfaltung alleine wird die Schweiz in einer Mio Jahre um einen Kilometer kürzer machen. Wie kann gewährleistet werden, dass nicht in 1'000 Jahren genau dort, wo ein geologisches Tiefenlager liegt, nach Ressourcen gebohrt wird? Wie markieren wir ein solches Lager für unsere Nachfahren? Die ältesten Höhlenzeichnungen sind 17'000 Jahre alt, die ältesten Schriften etwa 8000 Jahre. Niemand kann solche Zeiträume überblicken oder dafür Sicherheit garantieren. Deshalb fordert die SES reversible Lösungen auf Zeit, statt Scheinlösungen für alle Ewigkeit.
Die Finanzierung ist nicht gesichert. Die AKW-Betreiber müssen per Gesetz die Entsorgung des Atommülls finanzieren. Dafür gibt es einen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds, den die Betreiber jährlich äufnen. Die voraussichtlichen Kosten für den Rückbau der schweizerischen Kernkraftwerke, die Nachbetriebsphase und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle betragen gemäss Kostenstudien aus dem Jahr 2011 rund 20 Milliarden Franken. Diese Zahlen beruhen jedoch auf einem unrealistischen Idealszenario, bei dem bei Stilllegung sowie Suche und Bau eines Endlagers keinerlei Probleme oder Rückfälle einberechnet werden. Ausserdem kommt die Eidgenössische Finanzkontrolle nach ihrer Prüfung 2014 zum Schluss, dass die Betreiber bis anhin nicht genügend in die Kassen einbezahlt haben. Dies ist kritisch, denn für die fehlenden Ressourcen werden schliesslich der Bund bzw. die Steuerzahler aufkommen müssen. Problematisch ist dabei auch die Interessengebundenheit der Fondsverantwortlichen, denn in den Kommissionen und Organen der Fonds sitzen Vertreter aus der AKW-Branche. Es muss also leider befürchtet werden, dass die Entsorgung nicht von Betreibern bezahlt werden wird und unsere Nachkommen unfairerweise nicht nur das Risiko, sondern auch die Kosten tragen müssen.